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Abteilung 1 MfG
Wandbild

„Aus dem Leben des medizinischen Dienstes der Nationalen Volksarmee“ (Grafik-Zyklus von Helmut Maletzke, Greifswald)

Die Abteilung I im Ministerium für Gesundheits- und Sozialwesen der DDR

 

Wie in allen Ministerien der DDR, ausgenommen die der bewaffneten Organe, gab es auch im Ministerium für Gesundheitswesen (MfGe) eine gesonderte Abteilung I, die sich
ausschließlich mit dem Gesamtkomplex der Landesverteidigung (LV) zu befassen hatte. Der Hauptgegenstand dieser vorbereitenden Arbeiten bestand im Schutz der Bevölkerung sowohl im Falle des ausgerufenen Verteidigungszustandes (VZ) als auch beim
Katastrophenschutz durch das Zusammenwirken mit der Zivilverteidigung (ZV).

Die Abteilung I wurde 1968 aus dem bis dahin bestehenden Büro des Ministers mit gleicher Aufgabenstellung gebildet, das folgende Struktur hatte:

  • Koordinierungsabteilung;
  • Unterabteilung Medizinischer Schutz der Bevölkerung;
  • Sektor Wirtschaftsstatistik.

Die Abteilung I unterstand unmittelbar dem Minister und war ihm allein rechenschaftspflichtig, in allgemeinen Dienstfragen unterstand sie dem Staatssekretär. Die Stellung der Abteilung I innerhalb des Ministeriums gibt die nachstehende Grobstruktur des MfGe wieder (Bild 1).

 

 
Bild1
Bild 1: Stellung der Abteilung I im MfGe

 

In den wichtigsten, dem MfGe direkt unterstellten Einrichtungen, wie auch bei den nachgeordneten Bezirks- und Kreisärzten waren ebenfalls Mitarbeiter der Abt. I (mit unterschiedlichen Verpflichtungsgraden) tätig. Zu diesen Einrichtungen gehörten beispielsweise:

  • 1. Abt. Militärmedizin der Akademie für Ärztliche Fortbildung der DDR;
  • 2. Staatliches Versorgungskontor für Pharmazie und Medizintechnik;
  • 3. Institut r Arzneimittelwesen;
  • 4. Institut für Apothekenwesen;
  • 5. Staatliches Kontrollinstitut für Sera und Impfstoffe;
  • 6. Institut für Immunpräparate und Nährmedien.

Über die entsprechenden Abteilungen I unterhielt die Abteilung I des MfGe zudem enge Kontakte zu weiteren wichtigen Staatsorganen wie etwa zu den Bereichen Hoch- und Fachschulwesen, Lebensmittel- und Nahrungsgüterwirtschaft, Finanzen und Chemische Industrie.

Die Abteilung I besaß Ende 1990 folgende Gliederung:

 

Bild2
Bild 2: Gliederung/Struktur der Abteilung

 

Die Aufgabenbereiche der Abteilung I verteilten sich auf die drei Sektoren wie folgt:

  • 1. Sektor 1 a Führung, Organisation, Arbeitsplanung, Grundsatzdokumente, internationale Zusammenarbeit, Zusammenarbeit mit den Hauptabteilungen und Abteilungen des MfGe.
  • 2. Sektor 1 b Planung der materiellen Sicherstellung, Zusammenarbeit mit der Staatlichen Plankommission und der Hauptabteilung VI.
  • 3. Sektor I c Planung und Organisation des Medizinischen Schutzes der Zivilbevölkerung und Zusammenarbeit mit:
    • der Hauptverwaltung Zivilverteidigung,
    • dem DRK der DDR,
    • dem Ministerium für Volksbildung und
    • den Hauptabteilungen/ Abteilungen im MfGe.

Für alle Mitarbeiter der Abteilung I waren im Plan der Aus- und Weiterbildung jährliche Qualifizierungsmaßnahmen von je einer Woche festgelegt. Ferner wurden im Dienstbereich des MfGe spezielle Beratungen mit den Bezirksärzten und den Leitern der direkt unterstellten Einrichtungen durchgeführt und die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Leitungskader auf dem Gebiet der LV periodisch bei Schulungs- und Überprüfungsmaßnahmen trainiert und gefestigt.

Die von der Abteilung I des MfGe erarbeiteten vertraulichen Dokumente zur LV wurden nach erfolgter Abstimmung mit den zentralen Staatsorganen vervielfältigt und nach einem festgelegten Verteilerschlüssel hinterlegt.

Für den besonderen Fall des durch den Nationalen Verteidigungsrat (NVR) verkündeten VZ waren verkürzte Strukturen vorgesehen, die die Bezeichnung „B-Struktur“ trugen. Das gesamte Planungssystem aller Abteilungen I war auf einen schnellen Übergang ihrer Arbeit auf eine mögliche B-Struktur ausgerichtet. Diese hatte ihre Grundlage in der durch den Vorsitzenden des Ministerrates bestätigten Aufgabenstellung. Die dazu beim Ministerrat eingerichtete Abteilung B 2 war zuständig für die Ministerien für Bauwesen, Post- und Fernmeldewesen, Gesundheitswesen, Verkehrswesen, Umweltschutz und Wasserwirtschaft. Alle notwendigen Anleitungen und Kontrollen wurden von dieser speziellen Abteilung organisiert.

In periodischen Abständen hatten die Minister in einem besonderen Gremium, dessen Leiter der jeweils zuständige Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates war, über den aktuellen Stand der geleisteten B-Arbeit zu berichten. An diesen Berichterstattungen nahmen die Leiter der B-Hauptabteilungen und B-Abteilungen der Ministerien und seitens der NVA der Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung und Chef der Rückwärtigen Dienste teil.

Der Minister für Gesundheitswesen hatte darüber hinaus regelmäßig dem NVR über den Stand seiner B-Arbeit zu berichten.

Im MfGe sah die B-Struktur den Minister als Leiter vor, dem ein Stabsorgan, gebildet aus der Abteilung I, und Fachbereiche unterstellt waren.

Für den Übergang in die B-Struktur war eine umfangreiche Dokumentation vorbereitet worden, die gesondert in einem Panzerschrank gelagert wurde und gegebenenfalls durch das Diensthabende System im MfGe nach einem vorgeschriebenen Handlungsablauf zu aktivieren war. Zu diesen Führungsdokumenten gehörten:

Alarmdokumente zur Herstellung der Arbeitsbereitschaft und –fähigkeit;

Auskunfts-, Nachweis- und Berichtsunterlagen.

Die gesamte Dokumentation wurde durch eigens dafür verpflichtete Mitarbeiter aus den Fachbereichen regelmäßigen Präzisierungen unterzogen.

Während im Frieden von einem langfristig vorhersehbaren Versorgungsbedarf ausgegangen werden gehen konnte, wären im VZ durch die veränderten Bedingungen der materiell-medizinischen Sicherstellung für die Streitkräfte und die Bevölkerung sehr hohe Anforderungen an die verfügbaren Kräfte und Mittel gestellt worden. Lageabhängig hätte der gesamte Versorgungsprozess in kurzer Zeit geplant, organisiert und realisiert werden müssen. Das wäre auch für die vorhandenen wie neu zu bildenden Reserven hinsichtlich ihrer Staffelung zutreffend gewesen.

Die durch die Abteilungen I regelmäßig kontrollierten Wälzungen und Auffüllungen der B-Reserven waren ein Sperrbestand, der nicht für die allgemeine Versorgung der Bevölkerung vorgesehen war. Ausnahmen bedurften der Genehmigung durch den Ministerrat. In diesem Bereich wurde eine umfangreiche Arbeit auf dem Gebiet der Produktion, Lagerung und Wälzung von Humantrockenplasma geleistet. Dabei leisteten das DRK der DDR und das
Blutspendewesen einen bedeutenden Beitrag.

Hohe Anforderungen hätten sich auch für den Sektor der stationären medizinischen Betreuung im VZ aus der Aufgabe ergeben, für die Streitkräfte ein umfangreiches System an Reservelazaretten zu schaffen. Die dafür vorgesehenen Einrichtungen wurden durch die Abteilung I mit den entsprechenden staatlichen Organen und insbesondere mit der Verwaltung Medizinischer Dienst im Ministerium für Nationale Verteidigung jährlich und aktuell abgestimmt und des Weiteren wurde bei regelmäßigen und gemeinsamen Kontrollen der Stand der Vorbereitungsarbeit, die Einsatzbereitschaft der Kräfte und Mittel und die Erfüllung der Leistungsbescheide überprüft.

Teil der gesamten spezialisierten Planungsarbeit war letztlich die Teilnahme des Ministers und des Leiters der Abteilung I an den auf den Verteidigungsfall bezogenen Übungen "Meilenstein“ sowie an weiteren speziellen zentralen Schulungsmaßnahmen.

Im Jahre 1990 wurde auf der Grundlage des Beschlusses des Ministerrates über die weitere Gewährleistung und Sicherstellung der Landesverteidigung vom 16.03.1990 und der Anordnung Nr.2 "über die weitere Arbeit auf dem Gebiet des Zivilschutzes und
die Maßnahmen zur medizinischen Sicherstellung der Landesverteidigung" die Arbeit der Abteilung I vom Referat 312 (Gesundheitlicher Zivilschutz/Katastrophenschutz) des MfGe weitergeführt.

Quelle:

W. Kempf, Die Aufgaben der Abteilung I im Ministerium für Gesundheits- und Sozialwesen der DDR bei der Sicherstellung der Landesverteidigung, Beiträge Wehrmedizin und Wehrpharmazie, Band 17, Seiten 191 – 196

 

Anlage

 

 

Leiter der Abteilung I im MfGe

1968 – 1971 Oberstleutnant OMR Dr. Edgar Steiner

1971 – 1990 Oberst OMR Dr. Wilfried Kempf

 

 

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