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Fachweiterbildung
Wandbild

„Aus dem Leben des medizinischen Dienstes der Nationalen Volksarmee“ (Grafik-Zyklus von Helmut Maletzke, Greifswald)

Die Fachweiterbildung der militärmedizinischen Hochschulkader (3)

Gliederung

Die Weiterbildung der Militärärzte zum Facharzt
    Die Weiterbildung zum „Facharzt für Allgemeinmedizin“
    Die Weiterbildung zum „Facharzt für Chirurgie“
Die Weiterbildung der Militärzahnärzte zum Fachzahnarzt
Die Weiterbildung der Militärapotheker zum Fachapotheker

Die Fachweiterbildung militärmedizinischer Hochschulkader in der DDR umfasste die:
• Weiterbildung der Militärärzte zum Facharzt;
• Weiterbildung der Militärzahnärzte zum Fachzahnarzt;
• Weiterbildung der Militärapotheker zum Fachapotheker.
Sie begann nach der erfolgreichen Beendigung des Studiums in den Grundstudienrichtungen Medizin, Stomatologie und Pharmazie an der „Militärmedizinischen Sektion der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald“ (MMS; siehe Beitrag: „Die Ausbildung militärmedizinischen Hochschulkader“) und basierte auf:
• Den vom Minister für Gesundheitswesen bestätigten verbindlichen Bildungsprogrammen (Facharzt-, Fachzahnarzt- und Fachapothekerordnung der DDR);
• der "8. Durchführungsvereinbarung zur Vereinbarung über die Zusammenarbeit bei der medizinischen Sicherstallung  der Landesverteidigung vom 20. Februar 1969 über die Weiterbildung der Militärärzte, -Zahnärzte und -apotheker zum Facharzt, Fachzahnarzt bzw. Fachapotheker und deren staatliche Anerkennung, ihre weiterführende Subspezialisierung sowie ihr Einsatz nach der Entlassung aus dem aktiven Wehrdienst  vom 01.  September 1980" zwischen dem Ministerium für Gesundheitswesen und dem Ministerium für Nationale Verteidigung und
• den im „Programm für die Erziehung und Ausbildung von Offizieren im (jeweiligen) Ausbildungsprofil“ für die Fachrichtungen des Facharztes, Fachzahnarztes oder Fachapothekers festgelegten spezifischen militärmedizinischen Bildungs- und Erziehungszielen und -inhalten sowie organisatorisch- methodischen Anforderungen.
Die Fachweiterbildung der militärmedizinischen Hochschulkader wurde in der Nationalen Volksarmee als fester Bestandteil des Systems der militärakademischen Ausbildung als "Ausbildung" bzw. als „militärakademische Ausbildung“ zum Facharzt, Fachzahnarzt oder Fachapotheker bezeichnet (2). Im  vorliegenden Beitrag werden zur besseren Abgrenzung von der Ausbildung militärmedizinischer Hochschulkader die Begriffe Weiterbildung und Fachweiterbildung verwendet.
Die Fachweiterbildung der militärmedizinischen Hochschulkader wurde durchgeführt in medizinischen Einrichtungen:
• der Nationalen Volksarmee (NVA);
• der Grenztruppen der DDR;
• des Ministeriums  für Gesundheitswesen (MfGe) und
• des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen (MHF).
Hierbei war:
• die Militärmedizinische Akademie (MMA) in Bad Saarow für alle klinischen und theoretisch-experimentellen Fachrichtungen und
• die MMS für die Fachrichtungen Allgemeinmedizin, Allgemeine Stomatologie, Allgemeinpharmazie, Arbeitsmedizin, Hygiene und Sozialhygiene zuständig.
Für Absolventen des Ministeriums des Innern (MdI) und des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) galten eigene Regelungen.

Die Weiterbildung der Militärärzte zum Facharzt
Mit dem Einsatz in einer Dienststellung im Truppen-/Flottendienst begann jeder Absolvent/Militärarzt der MMS die Weiterbildung zum Facharzt (in Publikationen auch als Facharztausbildung bezeichnet).
In der NVA bestand die Möglichkeit der Weiterbildung zum Facharzt in 27 Facharztrichtungen (Bild 1).

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                                   Facharztrichtungen in der NVA

Die Fachweiterbildung erfolgte in Abhängigkeit von der künftigen Fachrichtung für: 
• den Facharzt für Allgemeinmedizin, die überwiegende Zahl der Militärärzte, in der Dienststellung und
• den Facharzt klinischer oder theoretisch-experimenteller Fachrichtungen nach 2 Jahren Truppen-/Flottendienst auf speziellen Weiterbildungsplanstellen der MMS.
Für die Zeit der Weiterbildung wurde mit der befohlenen Weiterbildungseinrichtung ein Qualifizierungsvertrag abgeschlossen, in dem die Inhalte und der zeitliche Ablauf der Weiterbildung sowie der Weiterbildungsleiter für die  einzelnen  Weiterbildungsjahre  namentlich festgelegt waren. Der Kontrolle über die Absolvierung der einzelnen Abschnitte der Weiterbildung diente ein Nachweisheft, das in der Gestaltung für Militärärzte und Militärzahnärzte gleich war.

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                                             Nachweisheft für die Weiterbildung zum Facharzt und Fachzahnarzt (Titelblatt)

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                                            Nachweisheft für die Weiterbildung zum Facharzt und Fachzahnarzt (Inhaltsverzeichnis)

In dem Nachweisheft waren neben den Angaben zur Person zu dokumentieren:
• Wissenschaftliche Qualifikation;
• Qualifizierungsvertrag;
• Ablauf der Weiterbildung;
• Nachweis der Erfüllung fachspezifischer Bildungsinhalte entsprechend dem Bildungsprogramm und dem Qualifizierungsvertrag;
• Lehrgänge und Leistungsnachweise nach den Bildungsprogrammen und den Empfehlungen der Fachkommissionen;
• Teilnahme an Kongressen, Mitwirkungen an wissenschaftlichen Veranstaltungen;
• Durchführung von Teilen der Weiterbildung in anderen Weiterbildungseinrichtungen (Delegierungen);
• Zusätzliche Erweiterung der wissenschaftlichen Qualifikation;
• Promotion;
• Marxistisch-leninistische Weiterbildung;
• Militärmedizinische Bildungsanforderungen;
• Gesellschaftliche Tätigkeit;
• Einschätzung des ordnungsgemäßen Ablaufs der Weiterbildung;
• Lückenloser Zeitablauf der Weiterbildung.
In das  Nachweisheft war zudem jährlich eine Beurteilung des Weiterbildungsstandes des Kandidaten eingetragen.
Am Beispiel der Facharztrichtungen "Allgemeinmedizin" und "Chirurgie" werden nachfolgend  der Inhalt, die Organisation und die Methodik der Fachweiterbildung militärmedizinischer Hochschulkader in der Nationalen Volksarmee Stellung dargestellt.

Die Weiterbildung zum „Facharzt für Allgemeinmedizin“
Wie im staatlichen Gesundheitswesen der DDR, so nahm auch in der NVA der Facharzt für Allgemeinmedizin eine Schlüsselstellung in der medizinischen Grundbetreuung ein. Das verdeutlicht die Formulierung des Erziehungs- und Ausbildungszieles im "Programm für die Erziehung und Ausbildung von Offizieren im Ausbildungsprofil  „Facharzt für Allgemeinmedizin“:
 "Der Facharzt für Allgemeinmedizin besitzt die Voraussetzungen zur Durchsetzung der militärischen Einzelleitung in seinen Verantwortungsbereich, eine gefestigte kommunistische Überzeugung sowie ausgeprägte  Willenseigenschaften und Verhaltensweisen als Offizier und Militärarzt. Er identifiziert sich als sozialistische Offizierspersönlichkeit mit seinen Klassenauftrag und ist bereit und in der Lage, unter allen Bedingungen des modernen Gefechts in enger Waffenbrüderschaft mit der Sowjetarmee und den anderen Bruderarmeen jeden Befehl bedingungslos zu erfüllen."
Das zu erreichende Ziel der Ausbildung zum Facharzt und die Anforderungen an ihn lauteten:
"Der Facharzt für Allgemeinmedizin verfügt über alle erforderlichen politisch-ideologischen, militärischen und spezialfachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Erfüllung der an ihn gestellten Anforderungen. Er besitzt ein anwendungsbereites Wissen und Können, das ihn befähigt, eigenverantwortlich und selbständig zu arbeiten sowie eine spezifische Funktion in der medizinischen Grundbetreuung auszuüben. Er beherrscht die Hauptaufgaben eines Militärarztes im Truppen-/ Flottendienst und ist in der Lage, auf seinem Fachgebiet die medizinische Betreuung unter Garnisonbedingungen sowie die medizinische Sicherstellung im Kriege zu organisieren und durchzuführen.“
Die Erfüllung dieser Zielstellung verlangte, dass der  Facharzt für Allgemeinmedizin zum schnellen, verantwortungsbewussten und initiativreichen Handeln bei der Planung, Organisation und Durchführung dar medizinischen Sicherstellung von Einheiten, Truppenteilen und Verbänden der Nationalen Volksarmee im Kriege und unter Garnisonbedingungen erzogen und befähigt ist. Er musste bereit und in der Lage sein, die allgemeinmedizinische Betreuung im Truppenteil unter Garnisonbedingungen durchzuführen, in medizinischen Notfällen umsichtig und indikationsgerecht zu handeln sowie lebensbedrohliche Zustände zu erkennen und zu beseitigen.
Die spezifischen militärmedizinischen Anforderungen an die Ausbildung widerspiegelten sich beim Facharzt für Allgemeinmedizin in der Beherrschung:
• der Grundlagen des militärischen Führungsprozesses und der Organisation der medizinischen   Sicherstellung des Truppenteiles   im Gefecht;
• der Organisation der medizinischen Betreuung in ihrer Einheit von Prophylaxe, Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe im Truppenteil;
• der Organisation der hygienischen und antiepidemischen Sicherstellung im Truppenteil und
• der Organisation der materiell-medizinischen und finanzökonomischen Sicherstellung im Truppenteil.
Die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin dauerte 4 Jahre. Sie begann unmittelbar nach dem Studium und der Erteilung der Approbation, gliederte sich in einen truppenärztlichen und einen klinischen Abschnitt von jeweils mindestens 18 Monaten Dauer und wurde in der militärärztlichen Tätigkeit unter fachärztlicher Anleitung durchgeführt.
Eingeordnet in den truppenärztlichen Abschnitt der Ausbildung waren:
• Hospitationen in der Notfallmedizin, in Hygieneinspektionen und zum ärztlichen Begutachtungswesen sowie
• Lehrgänge zur medizinischen Sicherstellung im Kriege, zur hygienisch-antiepidemischen Sicherstellung, zur Überprüfung erworbener Kenntnisse in klinischen Fachgebieten und zur Aneignung und Vertiefung der Kenntnisse nach den militärmedizinischen Bildungsanforderungen.
Im klinischen Abschnitt der Weiterbildung waren die Bildungsanforderungen gemäß dem zivilen Bildungsprogramm "Allgemeinmedizin" zu realisieren.
Den Schwerpunkt bei der Erfüllung des Bildungsprogrammes für den Facharzt für Allgemeinmedizin bildeten die Vermittlung und Aneignung solider theoretischer allgemeinärztlicher Grundlagenkenntnisse sowie die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten zum richtigen und entschlossenen ärztlichen Handeln bei akuten medizinischen Notfallsituationen.
Mit dem Abschluß der Fachweiterbildung, dem erfolgreichen Bestehen des Facharztkolloquiums und dem Erteilen der staatlichen Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin begann die 5jährliche „Berufsbegleitende Weiterbildung“.


Urkunde über die staatliche Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin

Bild 5 vermittelt eine Gesamtübersicht über die Aus- und Weiterbildung des Militärarztes der Fachrichtung „Facharzt für Allgemeinmedizin“.

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     Gesamtübersicht über die Aus- und Weiterbildung des Militärarztes der Fachrichtung „Facharzt für Allgemeinmedizin“

Die Weiterbildung zum „Facharzt für Chirurgie“
Der Fachrichtung Chirurgie und dem Facharzt für Chirurgie wurden in der NVA eine besondere Bedeutung im System der medizinischen Sicherstellung beigemessen. Das im "Programm für die Erziehung und Ausbildung von Offizieren im Ausbildungsprofil  „Chirurgie“ formulierte Erziehungs- und Ausbildungszieles lautete:
"Der Facharzt für Chirurgie verfügt über alle erforderlichen politisch-ideologischen, militärischen und spezialfachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Erfüllung der an ihn gestellten Anforderungen. Er besitzt ein breites fachliches Profil und ist befähigt, eigenverantwortlich und selbständig zu arbeiten und seine spezifische Funktion in der medizinischen Betreuung auszuüben. Er beherrscht die Hauptaufgaben eines Militärarztes in klinischen Einrichtungen und ist in der Lage, auf seinem Fachgebiet die spezialisierte medizinische Betreuung unter Garnisonbedingungen sowie die medizinische Sicherstellung im  Kriege zu organisieren und durchzuführen."
Unter Berücksichtigung der spezifischen Aufgaben des Facharztes für Chirurgie in der Nationalen Volksarmee und auf der Grundlage des Bildungsprogramms Chirurgie lagen die Schwerpunkte in der Ausbildung auf den Gebieten:
• Allgemeine Chirurgie;
• Traumatologie;
• Gefäßchirurgie;
• Chirurgie der endokrinen Drüsen und
• Ambulante Chirurgie.
Darüber hinaus waren in der militärmedizinischen Ausbildung die folgenden „spezifischen“ Bildungsinhalte zu erfüllen:
• Gegenstand und den Aufgaben der Feldchirurgie;
• Umfang und der Struktur der sanitären Verluste chirurgischen Profils;
• medizinische Einstufung und medizinischer Abtransport Geschädigter chirurgischen Profils;
• Organisation und Erweisung der chirurgischen Hilfe einschließlich der Schocktherapie und Reanimation auf den Etappen des medizinischen Abtransportes sowie
• Organisation der materiell-medizinischen Sicherstellung im Kriege unter besonderer Berücksichtigung des Fachgebietes Chirurgie.
Die genannten Bildungsanforderungen und -inhalte waren in der militärärztlichen Praxis im Truppen- und Flottendienst, in der praktischen Arbeit in ambulanten und stationären medizinischen Einrichtungen, in Hospitationen und Lehrgängen sowie im Selbststudium zu erfüllen.
Organisatorisch gliederte sich die Ausbildung zum Facharzt für Chirurgie ebenfalls in einen truppenärztlichen Abschnitt von 1 – 2  Jahren und einen klinischen Abschnitt von 4 – 5 Jahren, in denen der Militärarzt auf einer Weiterbildungsplanstelle der MMS geführt wurde. Im truppenärztlichen Abschnitt machte sich der künftige Facharzt für Chirurgie mit den Anforderungen der militärischen Praxis und den Arbeitsbedingungen des medizinischen Dienstes bei der medizinischen Sicherstellung vertraut. Gleichzeitig waren in diesem Abschnitt die spezifischen militärmedizinischen Bildungsinhalte zur Organisation und Führung der medizinischen Sicherstellung unter Garnisonbedingungen und im Kriege zu realisieren.
Die klinische Ausbildung hatte die Erfüllung der medizinisch-klinischen Bildungsinhalte laut Bildungsprogramm  Chirurgie sowie die Aneignung und Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten der Fachrichtung zum Inhalt. Den Schwerpunkt bildeten dabei die Aneignung und Vertiefung eines stets anwendungsbereiten Langzeitwissens sowie die Herausbildung manueller Fertigkeiten in der Chirurgie und der Feldchirurgie.
Mit der Erfüllung dieses skizzierten Bildungsprozesses sollte der Facharzt für Chirurgie alle Voraussetzungen besitzen, um als Chirurg in ambulanten und stationären medizinischen Einrichtungen der Nationalen Volksarmee fachrichtungsspezifisch in der medizinischen Grundbetreuung und der spezialisierten medizinischen Betreuung eingesetzt zu werden sowie im Kriege feldchirurgisch auf den Etappen des medizinischen Abtransportes zu handeln.
Nach dem Abschluß Weiterbildung, dem erfolgreichen Bestehen des Facharztkolloquiums und dem Erteilen der staatlichen Anerkennung als „Facharzt für Chirurgie“ begann als nächster Weiterbildungsabschnitt die „Berufsbegleitende Fortbildung“.
Wie am Beispiel der Weiterbildung des Militärarztes zum „Facharzt für Allgemeinmedizin“ und zum „Facharzt für Chirurgie“ dargestellt, lassen sich bei der Weiterbildung der Militärärzte zum Facharzt zwei Gruppen mit gleichem Ausbildungsgang unterscheiden:
• Zur ersten Gruppe gehörten die Fachrichtungen Allgemeinmedizin, Arbeitshygiene, Hygiene und Sozialhygiene. Sie stellten die im Truppen-/Flottendienst relevanten Fachrichtungen dar.
Die zweite Gruppe bildeten alle klinischen und die weiteren theoretisch-experimentellen Fachrichtungen. Die Fachärzte dieser Fachrichtungen kamen ausschließlich in Lazaretten der Nationalen Volksarmee, in der MMA, der MMS, im Institut für Luftfahrtmedizin (ILM) und im Marinemedizinischen Zentrum (MMZ) zum Einsatz. Sie bildeten die personelle Basis für die spezialisierte und hochspezialisierte medizinische Betreuung sowie die wissenschaftliche und Forschungsarbeit im medizinischen Dienst der Nationalen Volksarmee und in der Militärmedizin.
Abschließend sei darauf verwiesen, dass die Weiterbildung der Militärärzte zum Facharzt sehr eng mit ihrer  akademischen Qualifizierung verbunden war. An der Militärmedizinischen Akademie, der Militärmedizinischen Sektion und dem Institut für Luftfahrtmedizin bestanden die Möglichkeiten, Themen zu bearbeiten, um in der Zeit der Fachweiterbildung den akademischen Grad eines Doktors der Medizin zu erwerben. Die Diplomarbeiten waren grundsätzlich so angelegt, nach erfolgreicher Diplomverteidigung an der Militärmedizinischen Sektion in eine Dissertationsschrift A überführt zu werden. Die umfangreiche und viele Gebiete der Medizin und Militärmedizin umfassende Forschungsarbeit an den genannten Einrichtungen und am Institut für Luftfahrtmedizin bot zudem die Gewähr für eine rechtzeitige Vergabe von Themen für die Anfertigung von Promotionsschriften. Gleichzeitig erfolgte damit eine gezielte Heranführung  und Einbeziehung der militärmedizinischen Hochschulkader an bzw. in die militärmedizinisch-wissenschaftliche Arbeit.

Die Weiterbildung der Militärzahnärzte zum Fachzahnarzt (W. Achilles)
Grundsätzlich war für die Militärzahnärzte die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Allgemeine Stomatologie vorgesehen. Eine Weiterbildung in einer anderen Fachzahnarztrichtung bildete für Absolventen der MMS die Ausnahme.
Die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Allgemeine Stomatologie begann unmittelbar  nach Beendigung des Studiums an der MMS auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen (Fachzahnarztordnung) und  erfolgte in 2 Abschnitten:
• Weiterbildung an einer zentralen medizinischen Einrichtung (z. B. Polikliniken der Lazarette, der MMA und des MfNV) unter direkter Anleitung eines Weiterbildungsleiters für 2 Jahre, wobei unter Umständen je nach Bedarf und den personellen sowie materiellen Möglichkeiten  der auszubildenden Einrichtung ein Wechsel befohlen werden konnte.
• Weiterbildung in der Dienststellung als Leiter der Zahnärztlichen Abteilung in einer Medizinischen Einrichtung, einem Med. Punkt oder einer Poliklinik (Regimentszahnarzt/ Brigadezahnarzt),  ebenfalls für 2 Jahre und in gleicher Weise unter angestrebter Anleitung eines MZA/Fachzahnarztes.
Für diese Zeit  wurde gleich der Weiterbildung des Militärarztes zum Facharzt mit der befohlenen Weiterbildungseinrichtung ein Qualifizierungsvertrag abgeschlossen (siehe Bilder 2 und 3). 
Der  Ablauf der Weiterbildung hielt sich überwiegend an die allgemeinen  gesetzlichen Vorgaben, wurde aber für den späteren Einsatz als Militärzahnarzt und die damit  verbundenen militärmedizinischen Anforderungen in der klinischen Weiterbildung erheblich modifiziert.
So absolvierte der Autor während seiner Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Allgemeine  Stomatologie die folgenden speziell ausgerichteten Weiterbildungsmaßnahmen:
• Praxis der Schockbehandlung und der kardiopulmonalen Reanimation, Grundlagen der allgemeinen Schmerzausschaltung in der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie an der MMA ( 3 Monate);
• Grundlagen der Inneren Medizin, insbesondere der kardiopulmonalen  Diagnostik und Therapie an der Medizinischen Klinik der MMA (2 Monate);
• Grundlagen der Diagnostik und Therapie der HNO-Erkrankungen an der HNO Klinik der MMA (1 Monat);
• Grundlagen der chirurgischen Stomatologie und ausgewählte Themen der Kiefer-Gesichtschirurgie (Traumatologie, Kieferbruchbehandlung) an der Abteilung für Chirurgische Stomatologie und Kiefer-Gesichtschirurgie der Universität Rostock (2 Monate);
• DMH Schulungen an der Poliklinik des MfNV und
• weitere militärärztliche Weiterbildungen, wie Teilnahme an  Lehrvorführungen zur Entfaltung eines Regimentsverbandplatzes (RVP) und von Teilen eines Divisionsverbandplatzes (DVP).
Nach Abschluß aller Weiterbildungsmaßnahmen und der erfolgreichen Teilnahme an einem einwöchigen   Vorbereitungslehrgang konnte  der Militärzahnarzt  nach Antragsstellung zum Fachzahnarztkolloquium an der MMA zugelassen werden. Die Termine hierzu wurden  per Befehl festgelegt.
Die Fachzahnarztprüfung  (das Kolloquium) fand als Einzelprüfung vor einer Prüfungskommission statt. Vor der eigentlichen Prüfung musste der Aspirant der Prüfungskommission ausführlich dokumentierte komplexe Patientenfälle (orale Rehabilitationen) vorlegen, welche von dieser ausgiebig begutachtet  wurden. Nach eingehender Befragung zu den oralen Rehabilitationen und tiefgründiger Behandlung  von Themen der allgemeinen Stomatologie wurden  besondere Kenntnisse der Militärmedizin abverlangt (z. B. „Struktur der sanitären Verluste nach   einem taktischen Kernwaffenschlag und die Auswirkung auf die medizinische Sicherstellung einer Brigade“).
Das Fachzahnarztkolloquium dauerte ca. 1 ½ Stunden und endete nach  Beratung der  Prüfungskommission  mit der Bekanntgabe des Ergebnisses.
Mit dem erfolgreichen Abschluss des Fachzahnarztkolloquiums  und nach Antragstellung beim zuständigen Bezirksarzt erlangte der Militärzahnarzt die staatliche Anerkennung als Fachzahnarzt für Allgemeine Stomatologie.

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                           Urkunde über die stattliche Anerkennung als Fachzahnarzt

Bild 7 vermittelt  eine Gesamtübersicht über die Aus- und Weiterbildung des Militärzahnarztes.

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     Gesamtübersicht über die Aus- und Weiterbildung des Militärzahnarztes

Die Weiterbildung der Militärapotheker zum Fachapotheker (H. Fügemann)
Mit der Anordnung Nr.1 über die Weiterbildung der Apotheker –Fachapothekerordnung– vom 23.Mai 1974 wurde in der DDR die Weiterbildung zum Fachapotheker eingeführt. Sie hatte auch für die Weiterbildung der Militärapotheker zum Fachapotheker Gültigkeit. Die Dauer der Weiterbildung in den Fachrichtungen
• Arzneimittelversorgung / ab 1987 Allgemeinpharmazie,
• Arzneimitteltechnologie  und
• Arzneimittelkontrolle
betrug vier Jahre.
Als Übergangslösung bestand für Apotheker, die mindestens zehn Jahre approbiert waren und eine entsprechende langjährige Tätigkeit nachweisen konnten, die Möglichkeit, die Weiterbildung in zwei Jahren zu absolvieren. Dies führte dazu, dass 1976 die ersten Fachapotheker als Weiterbildungsleiter zur Verfügung standen.
Zu diesem Personenkreis zählten auch Militärapotheker der NVA, sodass 1976 die für alle Militärapotheker obligatorische Weiterbildung planmäßig beginnen konnte (im staatlichen Gesundheitswesen wurde die Weiterbildung erst 1987 obligatorisch).
Inhalt und auch Strukturierung der Weiterbildung der Militärapotheker zum Fachapotheker lehnten sich konsequent an den zivilen Bereich an (um an der Gleichwertigkeit keinen Zweifel aufkommen zu lassen), allerdings wurde der Inhalt um militärpharmazeutische Spezifika erweitert.
So konnte nach erfolgreich absolvierter Prüfung die Urkunde über die Anerkennung als Fachapotheker vom jeweiligen Bezirksarzt ausgestellt werden.

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                               Urkunde über die staatliche Anerkennung als Fachapotheker

Analog zur Verfahrensweise im zivilen Bereich wurde im Medizinischen Dienst der NVA eine Fachkommission Arzneimittelversorgung/Allgemeinpharmazie berufen.
Vorsitzender der Fachkommission war stets der Leiter der Abteilung III in der Verwaltung Medizinischer Dienst im MfNV. Sekretär der Fachkommission war der Direktor des Instituts für Militärpharmazie an der MMS

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                Berufungsschreiben des Direktors des Instituts für Militärpharmazie zum Sekretär der Fachkommission Arzneimittelversorgung

Die Weiterbildung absolvierten die Fachapothekerkandidaten unter Anleitung und auch fachlicher Kontrolle von Weiterbildungsleitern vorrangig im Selbststudium. Des Weiteren wurden zentrale Kurse und Gruppen- sowie Einzelkonsultationen absolviert. Die Konsultationen beim Weiterbildungsleiter fanden ca. viermal im Jahr statt

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                             Schreiben des Sekretärs der Fachkommission zur Durchführung der jährlichen Weiterbildung

An Fortbildungsveranstaltungen gab es zentral die mehrtägige Weiterbildungsveranstaltung, die einmal jährlich durch den Leiter der Abteilung III in der Verwaltung Medizinischer Dienst im MfNV organisiert und durchgeführt wurde. Diese Fortbildung hatte vor allem die Behandlung aktueller Themen aus Militärpharmazie und Militärmedizin sowie Informationen über Neueinführungen in die Feldsanitätsausrüstung zum Inhalt.
Ansonsten war es über das Jahr hinweg möglich und auch üblich, den persönlichen Interessen folgend, Veranstaltungen der Pharmazeutischen Gesellschaft der DDR und der Gesellschaft für Militärmedizin der DDR zu besuchen bzw. aktiv mitzugestalten.
Zwischen dem Weiterbildungsleiter und dem Fachapothekerkandidaten wurde (unter Mitwirkung des Vorgesetzten des Kandidaten) eine Weiterbildungsvereinbarung ab-geschlossen. In dieser waren die Inhalte und der zeitliche Ablauf der Weiterbildung festgelegt. Die Kontrolle über die Absolvierung der einzelnen Abschnitte wurde mittels eines Nachweisheftes dokumentiert. In dieses wurde auch jährlich eine Beurteilung des Weiterbildungsstandes des Kandidaten eingetragen.
Die Prüfung fand vor der Fachkommission statt. Der Antrag auf Zulassung zur Prüfung war drei Monate vor Abschluss der Weiterbildung zu stellen. Die Fachkommission prüfte, v. a. unter Einbeziehung des Nachweisheftes, ob die notwendigen Voraussetzungen erfüllt waren und erteilte oder versagte die Zulassung.
Als Weiterbildungseinrichtung für die Fachrichtung Arzneimittelversorgung/Allgemein-pharmazie fungierte das Institut für Militärpharmazie an der MMS.
Der Bedarf an Fachapothekern für Arzneimitteltechnologie und für Arzneimittelkontrolle wurde durch Delegierung von Militärapothekern in zivile Lehrgänge gedeckt.

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                Gesamtübersicht über die Aus- und Weiterbildung des Militärapothekers

 
Literatur

1.Fügemann, Horst-Wolfgang, Die Militärpharmazie. In: 45 Jahre Pharmazie in Deutschland Ost. Beiträge zur Geschichte des Arzneimittel- und Apothekenwesens der Deutschen Demokratischen Republik, Seiten 482 – 503, Eigen-Verlag der 7b DIREKT Apothekenservice AG, Fürstenfeldbrück und Berlin 2007, 2008, ISBN-10: 3-00-018713-8, ISBN-13: 978-300018713-1
2.Kalthoff, R., und D. Stremmel, Aus- und Weiterbildung militärmedizinischer Hochschulkader. In: Schriftenreihe der MMA, Heft 2, Bad Saarow 1985
3.Kalthoff, R, Die Weiterbildung der Angehörigen des medizinischen Dienstes der Nationalen Volksarmee, In: Beiträge Wehrmedizin und Wehrmedizin, Band 17. Der Medizinische Dienst der NVA – Teil I. Referate anlässlich des Workshops des Arbeitskreise Geschichte der Wehrmedizin vom 20.-21.04.2004 in Leipzig. Herausgegeben von Franz.-J. Lemmens und Wolfgang G. Locher, Elbe-Dnjepr-Verlag 2006, ISBN 3-933395-86-0

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